Skip to main content

20.12.2022

Alles online oder Face to Face – wie arbeiten die Makler der Zukunft?

Björn Bialon

Besichtigungen oder Vertragsverhandlungen online? Um die Digitalisierung ihrer Branche voranzutreiben, hatten Immobilienmakler ausgesprochen hohe Hürden zu überwinden. Inzwischen sind Angebote wie Hausgold, McMakler oder Homeday jedoch nicht mehr wegzudenken. Zeitweise fürchteten nicht wenige klassische Makler aufgrund neuer digitaler Konkurrenzangebote sogar um ihre Zukunft. Mittlerweile stoßen aber auch die neuen Hybrid-Makler auf massive Probleme.

Inflation, steigende Energie- und Baupreise, Ukraine- und Coronakrise sorgen auch im Immobilienbereich für Unsicherheiten, Stellenabbau oder gar Insolvenzen. Hinzu kommt: Es hat sich gezeigt, dass nicht alle Prozesse einer Vermittlung oder eines Kaufs per digitaler Lösung ausreichend abgedeckt werden können. Trotzdem machen Investoren Druck und fordern Profite von Neo-Maklern. Ein Scheidepunkt ist erreicht: In welche Richtung wird sich die Maklerbranche zukünftig orientieren und welche Geschäftsmodelle werden langfristig erfolgreich sein?

Banken und Versicherungen als Vorbild?

Die Immobilienbranche gilt trotz einzelner digitaler Angebote nach wie vor als ehr konservativ und teilweise behäbig. Als Antagonist kann hier die Finanz- und Versicherungsbranche dienen. Dort werden rein digitale Lösungen angepriesen und fast alles kann bequem per Smartphone oder Laptop gesteuert werden. Das perfekte Vorbild? Nein, denn auch die Neobanken mussten sich mit Widerständen auseinandersetzen – zum Beispiel als Antwort auf die Verlagerung der Kundenkommunikation auf Chatbots. Nach massiver Kritik stehen nun oft wieder menschliche Ansprechpartner bereit.

Immobilien sind emotionale Produkte und wollen physisch erlebt werden

Die Erfahrungen zeigen: Menschlichkeit lässt sich nicht wegdigitalisieren. Makler müssen die richtige Balance aus online- und offline-Service finden. Bei allem Drang zu digitalen Lösungen darf nicht vergessen werden, dass eine Immobilie im Vergleich zum Versicherungsvertrag ein emotionales und analog erlebbares Produkt ist. Lassen sich Versicherungsverträge oder Bank-Dokumente ganz einfach in einer App sammeln, ist das mit einem statischen Gebäude nicht möglich.

Virtuelle Begehungen mögen einen ergänzenden Mehrwert bieten, können jedoch eine persönliche Betrachtung der Immobilie mit all ihren Facetten nicht ersetzen. Vor ihrer Kauf- oder Miet-Entscheidung wollen Interessenten die Räume auf sich wirken lassen, das umliegende Quartier erkunden und die Immobilie erleben, hören und riechen. So wie die Probefahrt beim Autohändler ist das Gefühl vor Ort ganz entscheidend – und das kann nicht digital reproduziert werden.

Menschlichkeit lässt sich nicht wegdigitalisieren. Makler müssen die richtige Balance aus online- und offline-Service finden.

Menschlichkeit lässt sich nicht wegdigitalisieren. Makler müssen die richtige Balance aus online- und offline-Service finden.

Individuelle Problemfragen erfordern menschliche Kompetenz

Und nicht nur die Besichtigung, auch die nachfolgenden Schritte erfordern menschliches Handeln. Kommen nach der Besichtigung Fragen auf oder gibt es seitens der Kunden individuelle Anforderungen und Problemfälle, die vor dem Vertragsabschluss gelöst werden müssen, kann nur ein menschlicher Experte helfen. Und wurde der Interessent final überzeugt, möchte er sicherlich nicht mit einem Chatbot über den Vertragsabschluss verhandeln.

Daher wird sich der Immobilienmakler von keiner noch so intelligenten, rein digitalen Lösung ersetzen lassen. Besonders bei der Vermittlung von Büroflächen ist menschliche Expertise gefragt. Denn während auf der Vermieterseite in der Regel Profis sitzen, entscheiden in vielen klein- und mittelständischen Betrieben Mitarbeiter, die ansonsten wenig Kenntnis im Immobilienbereich haben, über die Anmietung von Büroflächen.

Auf die richtige Balance kommt es an

Klassische Makler sollten dennoch die Entwicklungen um Hybrid-Makler und digitale Angebote genau beobachten. Es wäre fahrlässig, sich auf eine rein analoge Zukunft zu verlassen. Ist die befürchtete Disruption des Marktes bisher zwar nicht eingetroffen, so sollten Makler ihren Service dennoch gezielt und in einem sinnvollen Maß digitalisieren. Viele haben dies schlichtweg verschlafen und werden es zukünftig schwer haben – ob Groß- oder Klein-Unternehmen.

Hybrid-Makler haben dagegen verstanden, dass die Mischung aus Mensch und Maschine passen muss. Und dass der Faktor Mensch – anders als in anderen Branchen – bei der Immobilienvermittlung nicht vollständig ersetzbar ist. Es kommt also auf die perfekte Balance zwischen on- und offline an. Wer diese findet, kann trotz aktuell kritischer Marktlage auf eine positive Zukunft blicken.

Über den Autor

Björn Bialon

Gründer und Geschäftsführer von CALEO

Björn Bialon ist Gründer und Geschäftsführer von CALEO. Mit 23 Jahren in der Immobilienbranche und 18 Jahren in der Selbstständigkeit hat er sich der Immobilienvermarktung verschrieben. Vor der Gründung von CALEO arbeitete er viele Jahre bei einem Frankfurter Immobilienmakler.