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14.02.2023

Zeitersparnis bei CAD-Planung durch Digitalisierung

Dominik Zausinger

CAD – alles digital, oder?

Derzeit entsteht eine Landschaft an Proptechs und Contechs, die eine unglaubliche Vielfalt an digitalen Lösungen für die Bau- und Immobilienwirtschaft anbieten. Bisher wird jedoch ein wesentlicher Bereich kaum bedient: die 2D & 3D CAD-Planung zur Erstellung der digitalen Zwillinge.

Die meisten heute verfügbare CAD-Software-Produkte basieren noch immer im Kern auf Ihren Vorgängern, die zwischen 1970 – 2000 entwickelt wurden. Verwendungszeck war vornehmlich die digitale Imitation der analogen Konstruktion von Bauteilen oder Objekten: Linien und Ebenen anstelle von Stift und Papier im 2D-Bereich, 3D-Kurven und Flächen anstelle von physikalischen Modellen. Trotz vielfältiger Erweiterungen und Weiterentwicklungen durch die Software-Hersteller wird es zunehmend schwieriger den gestiegenen unterschiedlichen Anwendungsanforderungen gerecht zu werden. Neuartige interdisziplinäre Planungsprozesse lassen sich mit klassischer auf eine bestimme Branche ausgerichtete Software nicht mehr abbilden.

Es gibt doch BIM…

Die CAD-Software-Hersteller haben die letzten Jahre viel Energie auf die Entwicklung von speziellen BIM-Produkten verwendet. Hier gab es unzählige Entwicklungen und Produkte zur Verwaltung von BIM-Modellen und der Koordination der beteiligten Nutzer.

Doch es stellt sich die Frage, mit welchen Prozessen und Software-Tools BIM-Modelle erstellt werden. Aktuell ist bei der Nutzung von CAD-Software zur Erstellung von digitalen Modellen noch viel „Handarbeit“ gefragt. Es gibt nur wenige Anwendungen, die Prozesse automatisieren, Ergebnisse optimieren oder dem Anwender Hilfestellung bei Entscheidungsfindungen bieten. Es verwundert daher kaum, dass BIM seitens der Planer allzu oft eher als Hürde denn als Bereicherung wahrgenommen wird, da die Planungsprozesse aufwendiger und komplizierter werden.

Das Problem betrifft jedoch nicht nur die BIM-Planung, sondern liegt viel tiefer: viele Planer die mit CAD arbeiten sind sich nicht bewusst, wie viel Zeit sie durch ineffiziente Planungssoftware im Allgemeinen verschwenden. Das Fehlen von spezialisierten und intelligenten Werkzeugen in der CAD-Software kombiniert mit der fehlenden Flexibilitäts- und Anpassungsoptionen stellen ein erhebliches Problem dar und sorgt für Ineffizienz der Planungsprozesse.

Echte Digitalisierung von CAD

Das wahre Potential von Informationstechnologie liegt in der automatisierten Verarbeitung und Auswertung von Daten und Modellen. In vielen größeren Planungsbüros gibt es inzwischen eine Spezialabteilung, die sich diesem Thema widmet. Dabei werden zur Automatisierung von komplexen, arbeitsintensiven oder sich häufig wiederholenden Tätigkeiten kleine Werkzeuge mit LowCode-Plattformen wie Grasshopper oder Dynamo entwickelt.

Seit einigen Jahren entwickeln sich auch Firmen mit neuen Geschäftsmodellen, die neueste Methoden der Informationstechnologie einsetzen, um Planungsprozesse zu optimieren.

Die Firma Imagine Computation beispielsweise ist als Dienstleister spezialisiert auf die 3D-Ausführungsplanung von komplexen Fassaden, Innenausbauten oder Messeständen. Die Kernkompetenz des Unternehmens ist jedoch die Entwicklung eigener CAD-AddOns zur Automatisierung von Planungsprozessen und Optimierung von Planungsergebnissen. Die Zeitersparnis bei der Planung durch die hoch spezialisierten eigens entwickelten CAD-Werkzeuge liegt bei 50-70% gegenüber traditioneller CAD-Planung mit Standardfunktionen existierender CAD-Software.

Wieder andere nutzen intelligente Algorithmen und KI um Nischenanwendungen für ganz bestimmte Aufgabenstellungen anzubieten. Rehub Forge aus Köln hat beispielsweise ein KI-unterstütztes Planungswerkzeug entwickelt, mit dem Machbarkeitsstudien für Grundstücke unter Berücksichtigung der lokalen Bauverordnungen innerhalb von Minuten erstellt werden können. Das kanadische StartUp Maket.AI wiederum hat eine Lösung zur automatisierten regelbasierten Erzeugung von Grundrissen entwickelt.

Citizen Development – Anwendungen von Usern für User

Der traditionelle Top-Down-Ansatz bei der Entwicklung von CAD-Werkzeugen, der auf FullCode Programmierung beruht, ist für die heutige schnelllebige und sich ständig weiterentwickelnde CAD-Designbranche nicht mehr geeignet. Der Entwicklungsprozess ist langsam, teuer und hat nichts mit den realen Bedürfnissen der CAD-Anwender zu tun.

Um mit der Branche Schritt zu halten, müssen wir zu einem stärker benutzerzentrierten Ansatz übergehen, bei dem die Benutzer aktiv in den Entwicklungsprozess einbezogen werden. Dies ermöglicht eine direktere und unmittelbare Reaktion auf die Bedürfnisse der Anwender und führt zu Werkzeugen, die besser auf ihre Arbeitsabläufe und Bedürfnisse zugeschnitten sind.

Um die Entwicklungsgeschwindigkeit zu erhöhen und der Schnelllebigkeit der Branche gerecht zu werden, müssen wir außerdem neue Technologien und Methoden wie LowCode übernehmen. Dieser Ansatz ermöglicht eine schnellere und effizientere Entwicklung und senkt die Einstiegshürden für Benutzer, die nicht über umfassende Programmierkenntnisse verfügen.

Wir haben daher das Framework AdaptivePartsEnvironment (A.P.E.) entwickelt, mit dem Anwender benutzerdefinierte Add-Ons für CAD-Software mit Low-Code-Technologie erstellen können. Unser Framework wandelt die Low-Code-Entwicklungen automatisch in funktionale Add-Ons um und erzeugt eine einfach zu bedienende Nutzeroberfläche, die sie für alle Benutzer zugänglich macht.

Darüber hinaus geht unsere Lösung ein wesentliches Problem der derzeitigen Low-Code-CAD-Entwicklungslandschaft an, indem sie die Add-Ons verschlüsselt und so das geistige Eigentum des Benutzers schützt. Unser Framework macht den Austausch von Quellcode überflüssig, der derzeit die einzige Möglichkeit ist, spezifische Entwicklungen gemeinsam zu nutzen.

Viele Planer die mit CAD arbeiten sind sich nicht bewusst, wie viel Zeit sie durch ineffiziente Planungssoftware im Allgemeinen verschwenden

Viele Planer die mit CAD arbeiten sind sich nicht bewusst, wie viel Zeit sie durch ineffiziente Planungssoftware im Allgemeinen verschwenden

Die Zukunft

In Zukunft werden wir uns unsere CAD-Planungsumgebung sehr viel zielgerichteter auf unsere Bedürfnisse anpassen können. Ausgehend von einigen wenigen Basis-CAD-Software-Produkten die als eine Art CAD-Betriebssystem funktionieren, können sich die Anwender aus einer Vielzahl größerer und kleinerer Zusatzanwendungen die für Ihre Arbeit passenden Instrumente aussuchen. Die Zusatzanwendungen werden dabei direkt von Endanwender erstellt und geteilt und sind somit auch wirklich praxisrelevant. Wir werden die Datenmodelle, die wir heute mit BIM lediglich erzeugen zukünftig auch nutzen: Live-Analysen werden uns Entscheidungshilfen geben bei komplexen Sachverhalten mit vielfältigen Wechselwirkungen. Die Software wird automatisch anhand von erstellten Modellen lernen und uns bei Planungsfehlern warnen. Prozesse lassen sich automatisieren und der Mensch kann sich mehr auf die kreativen Tätigkeiten fokussieren.

Über den Autor

Dominik Zausinger

CEO & Partner

Dominik Zausinger ist Mitgründer und Geschäftsführer der Rhenso GmbH, die Lösungen für die Entwicklung von CAD-Anwendungen anbietet. Er ist insbesondere für die Bereiche Marketing und Business Development verantwortlich, seine Expertise liegt v.a. im Bereich Bauinformatik in Bezug auf Digitalisierung und Automatisierung von Planungsprozessen. Vor seiner Tätigkeit bei Rhenso und Imagine Computation arbeitete er in Architekturbüros in Tokyo, Luxemburg, Amsterdam und Wien. Die Grundlagen seiner Kenntnisse erlangte er am Lehrstuhl CAAD an der ETH in Zürich.