Erfahrungsbericht vom ersten Produktentwicklungsworkshop mit der Wohnungswirtschaft
Warum eigentlich ein Produktentwicklungsworkshop?
Produktentwicklung ist in vielen Branchen ein selbstverständlich verankerter Unternehmensbereich, so wie es in der Wohnungswirtschaft Funktionen wie Bestandsmanagement, Technische Leitung, Vermietung, Neubau etc. gibt. Oft läuft Produktentwicklung dabei auch im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E) mit, manchmal sind es eigenständige Bereiche. Beispiele für Branchen mit großen F&E Teams sind Pharma oder Automobilbau. Hier ist es völlig normal, dass neue Impfstoffe oder Fahrzeugtechnologien aufwändig entwickelt und erprobt werden müssen. Diese Denkart ist so selbstverständlich, dass nicht nur die Autofirmen selbst große F&E Abteilungen und Budgets haben – meist inklusive eigenem Vorstandsposten – sondern auch ihre Zulieferer. Die Wohnungswirtschaft lebt dieses Selbstverständnis (noch?) nicht, auch wenn in der nahestehenden Baubranche zumindest zum Teil das Denken über F&E schon verankert ist.
Dabei gibt es auch bei den meisten Dienstleistern der Wohnungswirtschaft F&E- bzw. Produktverantwortliche. Wasserhahn, Fliese, Tür, Heizung, Klingelanlage, Messdienst-Sensor oder ERP System haben sich über die letzten Jahrzehnte weiterentwickelt – mal mehr und mal weniger schnell. Angetrieben wurden diese Änderungen durch ebendiese Funktionsbereiche F&E und Produktentwicklung bei den Dienstleistern, weniger bisher durch die Wünsche der Wohnungsunternehmen. Und Treiber für den Innovationsgrad und die -geschwindigkeit ist natürlich primär der Wettbewerb innerhalb einer Branche. Vereinfacht gesagt: Je geringer der Wettbewerb, desto geringer die Innovationsgeschwindigkeit.
Mit der zunehmenden Digitalisierung der Immobilienwirtschaft und auch der Wohnungswirtschaft hat sich das nicht grundlegend geändert. Der Wettbewerb zwischen Wohnungsunternehmen besteht weiterhin nur in sehr geringem Maß. Die digitale Innovation kommt also auch mit der Digitalisierung über die Dienstleister, also in dem Fall durch die PropTechs bzw. WowiTechs in die Wohnungsunternehmen.
Dabei gibt es zwei wesentliche Unterschiede zur bisherigen in die Wohnungswirtschaft getragenen Innovation: Die digitale Innovation läuft deutlich schneller und wirkt sehr viel stärker auf die Prozesse und Mitarbeiter*innen der Wohnungsunternehmen. Vereinfacht gesagt ist es für die Prozesse und Mitarbeiterinnen egal, ob der Handwerker bei einer Sanierung einen effizienteren Wasserhahn oder eine sicherere Wohnungstür einbaut als bei der letzten Sanierung. Es reicht, wenn der entsprechende Handwerker die Innovation versteht und verbauen kann. Ganz anders ist das bei Kommunikation über Mieterapps, Wohnungsabnahmen per Tablet oder der Vergabe von digitalen Zutrittsrechten an Handwerker. Auf einmal müssen Mitarbeiter*innen in ganz anderer Art umdenken und arbeiten.
Vielleicht machen für Wohnungsunternehmen die Bereiche Produktmanagement oder F&E genauso viel Sinn wie für andere Branchen auch
Und daher ist es auf einmal wichtig, die Bedürfnisse der Wohnungsunternehmen und ihrer Mitarbeiter*innen direkt in die Produktentwicklung aufzunehmen und die Kompetenzen rund um F&E und Produktentwicklung zu stärken: Auch wenn der Wettbewerb zwischen Wohnungsunternehmen weiterhin gering ist und damit kein intrinsischer Treiber für F&E entsteht, kommt durch die Digitalisierung diese Veränderung schneller und tiefgreifender als bisher und muss von den Wohnungsunternehmen mitgestaltet werden. Nicht zuletzt, weil der zunehmende Fachkräftemangel ohne digitale Prozesse und Produkte zu einem Risiko für Unternehmen wird. Das ist auch ein wesentlicher Unterschied zu den bisherigen Digitalisierungsabteilungen: Hier wird Digitalisierung eher für das Unternehmen sortiert und verstanden und pilotiert, das „Produkt Wohnen“ mit allen Prozessen und Facetten aber nicht aus einer F&E DNA heraus entwickelt. Wenn man das zu Ende denkt: Vielleicht machen für Wohnungsunternehmen die Bereiche Produktmanagement oder F&E genauso viel Sinn wie für andere Branchen auch.
Damit zurück zum Workshop und den konkreten Themen und der Frage: Was genau haben wir gemacht und was haben wir gelernt?
Was haben wir gemacht?
Im Bild unten die einfache Darstellung des KIWI-Produktentwicklung-Funnels. Dieser Trichter ist das grundsätzliche Modell, um das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen. Wünsche und Ideen für Verbesserungen gibt es fast unbegrenzt, sowohl aus dem eigenen Team als auch von Kunden und Partnern. Innovation ist letztlich zu weiten Teilen die Kunst, sich auf das Wesentliche zu beschränken und für dieses Sortieren und Priorisieren ist der Trichter das wesentliche Modell. Dazu auch ein berühmtes Zitat von Steve Jobs: “I’m as proud of many of the things we haven’t done as the things we have done. Innovation is saying no to a thousand things.”
Vertieft haben wir im Workshop auch Konzepte und Tools wie das Kano Modell, productboard oder einfach das Arbeiten mit miro. Die Tools und Konzepte sind auch alle für Wohnungsunternehmen sehr gut nutzbar – und natürlich nicht nur im Kontext digitaler Zutritt.